Zukünftige Mo-99 Bestrahlungsanlage
Das für die Nuklearmedizin benötigte Radioisotop Molybdän-99 (Mo-99) wird durch die Bestrahlung von Uran-Targets mit thermischen Neutronen in der zukünftigen Mo-99 Bestrahlungsanlage erzeugt. Das in den Targets enthaltene Uran-235 (U-235) wird durch den Einfang thermischer Neutronen gespalten und liefert mit einer Ausbeute von 6.1% aller Spaltprodukte das instabile Spaltprodukt Mo-99, dessen Tochterisotop das gewünschte radioaktive Technetium-99m (Tc-99m) ist. Die Targets für die Bestrahlung enthalten niedrig angereichertes Uran, low enrichted uranium (LEU).
Derzeit gibt es sechs große Bestrahlungsanlagen zur Produktion von Mo-99/Tc-99m in der westlichen Welt, davon vier in Europa sowie jeweils eine in Afrika und Australien. Von diesen Mo-99 produzierenden Forschungsreaktoren sind jedoch bereits fünf über 40 Jahre alt und drei von ihnen werden bis 2028 außer Betrieb gehen. In den Jahren 2008 – 2009 waren in einigen dieser Forschungsreaktoren unvorhergesehene, umfangreiche und langwierige Reparaturarbeiten notwendig, die deren vorübergehende Abschaltung erforderten. Da keine ausreichenden Reservekapazitäten zur Verfügung standen, kam es in der Folge zwischen 2008 und 2010 wiederholt zu gravierenden Engpässen bei der Versorgung mit Mo-99.
Eine im Jahr 2009 abgeschlossene Machbarkeitsstudie zur Produktion von Mo-99 zeigte die technische und logistische Realisierbarkeit des Baus einer Mo-99 Bestrahlungsanlage am FRM II. Die Konzeption und der Bau der Anlage sind so realisiert, dass ihr Betrieb parallel zur wissenschaftlichen Nutzung der Neutronenquelle möglich ist. Mit einer geplanten wöchentlichen Produktion von ca. 16.000 Curie (Ci) Mo-99-Aktivität – diese Angabe bezieht sich auf die Aktivität unmittelbar nach Bestrahlungsende – kann der FRM II zukünftig bis zu 50 % des europäischen Bedarfs decken. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage ist für die nächsten Jahre geplant.
Nach dem Beschluss zum Einbau einer Mo-99 Bestrahlungseinrichtung in den Moderatortank des FRM II wurde im Februar 2011 das Fingerhutrohr für die zukünftige Mo-99 Produktion in den Moderatortank eingebaut. Das Rohr besteht aus dem langlebigen und bestrahlungsresistenten Reaktorwerkstoff Zirkalloy 4. Mit einem Durchmesser von neun Zentimetern und einer Länge von fünf Metern wird es zukünftig 2 unabhängig beladbare, baugleiche Bestrahlungskanäle aufnehmen und die gleichzeitige Bestrahlung von 2 x 8 sogenannten Plättchen-Targets ermöglichen. Die Targets sind im Abstand von etwa 45 cm zum Brennelement und damit nahe am Maximum des thermischen Neutronenflusses positioniert. Jedes Target ist mit 20 g niedrig angereichertem Uran (19,75% Anreicherung U-235, LEU) beladen.
Im Jahr 2013 erfolgte der Einbau eins 10 t Aufzugs zum Transport der bestrahlten Targets innerhalb des Reaktorgebäudes. Zurzeit werden Be- und Entladung und die Kühlung der Targets an einem 1:1 Modell getestet.
Die Fertigung und Installation sowie die Inbetriebnahme der zukünftigen Mo-99 Bestrahlungsanlage ist in den nächsten Jahren geplant. Die Gesamtkosten für den Bau der Mo-99-Anlage belaufen sich auf etwa 5,4 Mio €. Zusätzlich werden notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Optimierung der Mo-99 Bestrahlung mit 1,0 Mio € vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.
Bis zum Start der Bestrahlung sind jedoch noch wesentliche Entwicklungsarbeiten notwendig. Hierzu zählt u.a. die Fertigstellung von zwei Versuchsaufbauten, welche die wesentlichen Komponenten der zukünftigen Bestrahlungseinrichtung im Maßstab 1:1 wiedergeben. Sie dienen dazu, den technischen Aufbau zu verifizieren, die Herstellbarkeit der Bestrahlungskanäle zu erproben und schließlich auch die Handhabungsschritte im Rahmen der Bestrahlung zu testen.
Nachbildung des Kühlkanal-Rücklaufs
Der kleinere von den beiden Versuchsaufbauten ist eine Nachbildung des Kühlkanal-Rücklaufs, in dem sich später die Targets zur Bestrahlung befinden. Der Kanal besitzt Original-Abmessungen, ist aber nur 2 m lang und aus Plexiglas gefertigt, um die Strömung des Kühlwassers zu beobachten. Mit Dummy-Targets wird hier das Verhalten bei großen Volumenströmen untersucht.
Nachbildung der kompletten Mo-99 Bestrahlungsanlage
Der große Versuchsaufbau stellt die Nachbildung der kompletten Kühlkanaleinheit mit den beiden Bestrahlungskanälen dar, so wie sie später in das bereits im Moderatorktank montierte Fingerhutrohr eingebracht werden soll. Die Kanäle sind hier aus Kostengründen aus Edelstahl und nicht wie später vorgesehen aus Zirkalloy gefertigt. Dieser Versuchsaufbau dient zum Testen von Be- und Entladeprozeduren der Targets sowie von Kühlungsprozessen.