Reaktor
Am FRM II werden durch Spaltung von Uran unter Ausnutzung der Kettenreaktion freie Neutronen erzeugt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden solche Anlagen als Kernreaktoren bezeichnet. Ein Kernreaktor heißt „kritisch“ wenn die Zahl der produzierten Neutronen gleich groß der Anzahl der absorbierten ist, die Anlage sich also in einem stabilen Gleichgewichtszustand bei konstanter Leistung befindet.
Die wesentlichen Komponenten des FRM II sind
- das Brennelement, welches den Uranvorrat (die „Reaktivitätsreserve“) bereitstellt,
- die verschiedenen Kühlkreisläufe, die die bei der Spaltung unvermeidbar entstehende Wärme abführen,
- die Regelungs- und Überwachungssysteme, z.B. die Umgebungsüberwachung,
- umfangreiche Einrichtungen der nuklearen, konventionellen und anlagentechnischen Sicherheit,
- die Strahlführungssysteme, die die entstehenden Neutronen zu den Experimenten leiten sowie
- zahlreiche Hilfs- und Nebensysteme, z. B. zur Bereitstellung von vollentsalztem Wasser, zur Konditionierung der Raumluft, zur Abwasserbeseitigung, Krananlagen und Transportmittel aller Art sowie viele weitere Einrichtungen.
Kühlkreisläufe
Bei der Kernspaltung entstehen Spaltprodukte und freie Neutronen. Letztere bewegen sich zunächst sehr schnell und müssen abgebremst werden, um die kontrollierte Kettenreaktion aufrecht zu erhalten. Dieses Abbremsen geschieht besonders effektiv durch Stöße mit Wasserstoffatomen z. B. in Wassermolekülen, wobei die Bewegungsenergie der Neutronen in Wärme des Kühlwassers umgewandelt wird, welche ihrerseits wieder abgeführt werden muss.
Drei komplett getrennte Kreisläufe
Im FRM II geschieht das durch eine Kühlkette aus drei voneinander hydraulisch getrennten, aber thermisch verbundenen Kühlkreisläufen. Der Primärkreislauf führt direkt durch das Brennelement. Die vier Hauptkühlmittelpumpen fördern ca. 300 Liter Wasser pro Sekunde, das sich beim Durchgang durch das Brennelement um ca. 15 °C, von etwa 35 °C auf 50 °C, erwärmt. In zwei Wärmetauschern wird diese Wärme an den Sekundärkreislauf abgegeben.
Primär- und Sekundärkreislauf befinden sich vollständig innerhalb des Reaktorgebäudes. Der Tertiärkreis ist wiederum über einen Wärmetauscher mit dem Sekundärkreis thermisch verbunden. Erst der Tertiärkreis führt ins Freie zum Zellkühler, in dem die Wärme v. a. über Verdunstung an die Umgebungsluft abgegeben wird.
Außer dieser Hauptkühlkette gibt es noch verschiedene Nebenkühlkreislaufe, die die Kühlung von weiteren Aggregaten, ggf. der Raumluft oder experimentellen Einrichtungen sicherstellen.
Strahlführung
Neutronen sind elektrisch neutrale Bestandteile von Atomkernen, haben einen Durchmesser von ca. 1,7 × 10-15 m und durchdringen i.d.R. mühelos Materie. Deshalb lassen sie sich nur sehr begrenzt „leiten". Zunächst fliegen sie mit der durch die Moderatortemperatur eingestellten mittleren Geschwindigkeit in alle Raumrichtungen und man könnte nur die Neutronen in Experimenten nutzen, die zufällig in die richtige Richtung des Experiments fliegen. Dann würden nur sehr wenige am Experiment ankommen, denn ihre Anzahl würde mit dem Quadrat des Abstandes abnehmen (also wären in 2 m Entfernung vom Brennelement 4 Mal weniger Neutronen als in 1 m Entfernung vorhanden).
Neutronenleiter bündeln Neutronen
Neutronen sind aber auch Materiewellen, d.h. sie gehorchen den Gesetzen der Optik, wie wir diese für das sichtbare Licht kennen. Neutronenleiter erlauben durch Spiegelung gebündeltes Weiterleiten von einem breiten Wellenlängenband von Neutronen, die Beugung an Einkristallen ermöglicht wie beim Prisma unter bestimmten Winkeln das Aussortieren bestimmter Farben, sprich Monochromatisieren des Neutronenleiterlichts. Im Vergleich zur Optik mit sichtbarem Licht ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Brechungsunterschied für das Neutronenlicht zwischen Vakuum und Materie um viele Größenordnungen kleiner ist, d.h. alle optischen Komponenten für die Leitung des Neutronenlichts fallen sehr groß aus.
Elf Strahlrohre versorgen die Experimente mit Neutronen
Diese Neutronenleiter oder Einkristalle zur Monochromatisierung können wegen der zu erwartenden Strahlenschäden nicht direkt im Moderator platziert werden. Typischerweise beginnen die ersten optischen Führungskomponenten 2– 5 Meter jenseits des Brennelements, noch in den Strahlrohrkanälen. Insgesamt verfügt der FRM II über zehn horizontale Strahlrohre und ein schräges Strahlrohr, die oftmals mehrere Experimente mit Neutronen versorgen.