Weltrekord für Lithiumionen-Leiter
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Gezielte Leerstellen im Kristallgitter
Das Team um Prof. Thomas F. Fässler vom Lehrstuhl für Anorganische Chemie mit Schwerpunkt Neue Materialien ersetzte einen Teil des Lithiums in der Verbindung Lithium-Antimonid durch das Metall Scandium. Dadurch entstehen gezielt Lücken, sogenannte Leerstellen, im Kristallgitter des Leitermaterials. Diese Lücken helfen den Lithiumionen, sich leichter und schneller zu bewegen und ermöglichten den neuen Weltrekord.
Da der Wert so deutlich über denen der bekannten Materialien liegt, haben sie sich den Lehrstuhl für Technische Elektrochemie um Prof. Hubert Gasteiger an der TUM gewandt, um das Ergebnis abzusichern. Koautor Tobias Kutsch, der die weiteren Tests durchführte bemerkte: „Weil das Material auch Strom leitet, war das eine besondere Herausforderung und wir mussten unsere Messmethoden dafür anpassen.“
Strukturaufklärung mit Synchroton
Anatoliy Senyshyn vom FRM II erklärt: „Unsere Aufgabe war eine Strukturaufklärung basierend auf Synchrotron-Daten am Deutschen Elektronen Synchroton DESY und deren Einordnung in einen breiteren Rahmen mit Transport- und NMR-Messungen.“

Entwicklung zum Patent angemeldet
Fässler sieht große Potentiale für das neue Material: „Unser Ergebnis stellt derzeit einen wesentlichen Fortschritt in der Grundlagenforschung dar. Mit dem Einbau von kleinen Mengen Scandium sind wir auf ein neues Prinzip gestoßen, das sich als richtungsweisend für andere Elementkombinationen erweisen könnte. Für eine Anwendung in einer Batteriezelle sind noch viele Tests notwendig. Wir sind zuversichtlich, weil Materialien, die sowohl Ionen als auch Elektronen leiten können, sich besonders gut als Zusatz in Elektroden eignen. Da sich daraus vielversprechende praktische Anwendungen ergeben können, haben wir unsere Entwicklung auch bereits zum Patent angemeldet.“ Neben der höheren Geschwindigkeit bietet das Material auch thermische Stabilität und ist mit bewährten chemischen Verfahren einfach herzustellen.
Auch für andere Substanzen von Bedeutung
Die Forschenden haben mit ihrer Arbeit sogar eine völlig neue Substanzklasse entdeckt, wie Erstautorin Jingwen Jiang, Forscherin an der TUMint.Energy Research GmbH, hervorhebt: „Unsere Kombination besteht aus Lithium-Antimon und kann einfach auch auf Lithium-Phosphor übertragen werden. Während der bisherige Rekordhalter auf Lithium-Schwefel basierte und zur Optimierung fünf weitere Elemente benötigt, wird bei uns lediglich Scandium als weitere Komponente gebraucht. Wir gehen davon aus, dass unsere Entdeckung über dieses Beispiel hinaus Bedeutung für die Erhöhung der Leitfähigkeit bei anderen Substanzen haben kann.“
Und die Forschung geht weiter: Das ist nur der erste Teil der Geschichte, die erzählt werden soll. Wir arbeiten an der Fortsetzung mit Neutronen“, sagt Anatoliy Senyhshyn.
Orginaltext: TUM NAT School
Originalpublikation
Jingwen Jiang, Tobias Kutsch, Wilhelm Klein, Manuel Botta, Anatoliy Senyshyn, Robert J. Spranger, Volodymyr Baran, Leo van Wüllen, Hubert A. Gasteiger, Thomas F. Fässler:
Scandium Induced Structural Disorder and Vacancy Engineering in Li3Sb – Superior Ionic Conductivity in Li3−3xScxSbv,
erschienen in Advanced Energy Materials, 2025, 2500683
DOI: https://doi.org/10.1002/aenm.202500683
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Dieser Erfolg basiert auf der engen Zusammenarbeit von TUM und TUMint.Energy Research GmbH im Rahmen einer strategischen Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Außerdem waren Forscher der Universität Augsburg und des DESY beteiligt.