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Smartphone-Fotosensor hilft bei Antimaterieforschung am CERN
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Die AEgIS-Kooperation (Antihydrogen Experiment: Gravity, Interferometry, Spectroscopy) hat das primäre Ziel , den freien Fall von Antiwasserstoff im Schwerefeld der Erde mit hoher Präzision zu messen. Dafür wird ein horizontaler Antiwasserstoffstrahl erzeugt und seine vertikale Fallstrecke mit einem Moiré-Deflektometer gemessen – ein Gerät das winzigste Positionsverschiebungen der Antiwasserstoff-Annihilationspunkte detektiert.
„Damit AEgIS funktioniert, brauchen wir einen Detektor mit einer unglaublich hohen räumlichen Auflösung, und die Sensoren mobiler Kameras haben Pixel, die kleiner als ein Mikrometer sind“, sagt der Leiter der Studie, Dr. Francesco Guatieri, aus der Gruppe von Prof. Dr. Christoph Hugenschmidt am FRM II. „Wir haben 60 Smartphone-Chips in einen einzigen fotografischen Detektor, den Optical Photon and Antimatter Imager (OPHANIM), integriert. Dieser hat damit weltweit die höchste Anzahl von Pixeln, die in einem technischen Gerät verwendet wird: 3840 Megapixel. Zuvor waren fotografische Platten die einzige Option, um die gewünschte Präzision zu erreichen. Diese ließen jedoch keine Echtzeitmessungen zu. Unsere Lösung wurde bereits an Antiprotonen erfolgreich getestet und wird nun direkt auf Antiwasserstoff angewendet: Wir kombinieren eine hohe Auflösung auf Fotoplattenniveau, Echtzeitdiagnose, Selbstkalibrierung und ein guter Raumwinkel für die Teilchenerfassung in einem Gerät.“ Das Paper dazu wurde soeben in Science Advances veröffentlicht.
Bildsensoren umgebaut
Konkret verwendeten die Forscher optische Bildsensoren aus handelsüblichen Mobiltelefonen. „Wir mussten die ersten Schichten der Sensoren entfernen, die für die hochentwickelte integrierte Elektronik von Mobiltelefonen ausgelegt sind“, sagt Guatieri. „Dies erforderte ein hochentwickeltes elektronisches Design und Mikrotechnik.“ Maßgeblich beteiligt daran waren die die beiden Masterstudenten Michael Berghold und Markus Münster von der TUM School of Engineering and Design.
„Außergewöhnliche Auflösung“
AEgIS-Sprecher Dr. Ruggero Caravita betont: „Dies ist eine bahnbrechende Technologie für die Beobachtung der winzigen, durch die Schwerkraft bedingten Verschiebungen in einem sich horizontal bewegenden Anti-Wasserstoff-Strahl. Sie kann aber auch breitere Anwendung in Experimenten finden, bei denen eine hohe Positionsauflösung von entscheidender Bedeutung ist, oder zum Beispiel um hochauflösende Tracker zu entwickeln. Diese außergewöhnliche Auflösung ermöglicht es uns zudem, verschiedene Annihilationsfragmente zu unterscheiden. Damit eröffnet sie neue Forschungswege zur Annihilation von niederenergetischen Antiteilchen in Materialien. “
Originaltext: AEgIS/CERN
Originalpublikation:
M. Berghold et al.
Real-time antiproton annihilation vertexing with sub-micron resolution
Science Advances, 2 April 2025, DOI: 10.1126/sciadv.ads1176
Weitere Informationen:
An der Studie waren neben den Forscherinnen und Forschern der AEgIS-Kooperation am CERN und des FRM II an der Technischen Universität München auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgender Institutionen beteiligt:
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR),
Universität Trento, TIFPA/ INFN Trento, Italien,
Universität Siegen,
Universität Lettland,
Technische Universität in Prag, Tschechien,
Universität Westböhmen, Pilsen, Tschechien,
Universität Oslo, Norwegen,
INFN Mailand, Italien,
Universität Innsbruck, Österreich,
Nicolaus Copernicus University, Toru´n, Polen
Politecnico di Milano, Italien
Warsaw University of Technology, Polen
Jagiellonian University, Krakow, Polen
Polish Academy of Sciences, Warschau, Polen
Raman Research Institute, Bangalore, Indien
Universität Leipzig
University of Liverpool, Großbritannien
The Cockcroft Institute, Daresbury, Großbritannien
INFN Pavia, Italien
University of Brescia, Italien
Kontakt
Dr. Francesco Guatieri
Forschungs-Neutronenquelle
Heinz Maier-Leibnitz (FRM II)
Technische Universität München
Email: francesco.guatieri(at)frm2.tum.de
Telefon: +39 324 74 079 38