Am Dienstag, 2. März 2004 wurde der FRM-II das erste Mal angefahren und lieferte durch Kernspaltung Neutronen. Diesen Prozess startet man mit Hilfe einer Anfahrquelle, die Neutronen aussendet, und durch die Lage des Regelstabs im Brennelement.
Die wichtigen Komponenten sind in der schematische Schnittzeichnung gezeigt. Im Zentrum ist das zylindrische Brennelement (Brennstoffzone in rot), welches als Brennstoff U-235 enthält. In der Achse des Brennelements kann der Regelstab auf und ab bewegt werden, der Neutronen absorbiert. Die Anordnung befindet sich im Moderatortank. Er ist mit Schwerwasser D2O gefüllt, welches als Moderator schnelle Neutronen abbremst und als Reflektor Neutronen ins Brennelement zurückstreut. In dem Moderator befindet sich auch die Anfahrquelle, eine radioaktive Substanz, welche Neutronen mit konstanter Quellstärke aussendet. Am unteren Rand des Moderatortanks sind Detektoren zum Nachweis von Neutronen angebracht.
Einige Neutronen aus der Anfahrquelle treffen auf das Brennelement, lösen dort Kernspaltungen aus, wobei pro Spaltung dann zwei bis drei neue Neutronen (und Energie) freigesetzt werden. Die Neutronen können, zum Teil nach Reflektion im Moderator, weitere Spaltungen im Brennelement auslösen und somit eine Kettenreaktion von Spaltungen in Gang setzen. Der Regelstab regelt die Intensität der Kettenreaktion: Je nach seiner Lage im Brennelement fängt er mehr oder weniger Neutronen ein und entzieht sie dem Prozess.
Zu Beginn des Anfahr-Prozesses reicht der Regelstab so weit in das Brennelement hinein, dass die Kettenreaktion ohne Anfahrquelle sofort zum Erliegen kommen würde. Zieht man den Regelstab dann schrittweise aus dem Brennelement, so steigt die Erzeugungsrate der Neutronen im Brennelement an, was man an der steigenden Zählrate in den Neutronen-Detektoren nachweist. Schließlich wird die so genannte Kritikalität erreicht, bei der die Neutronenverstärkung des Brennelements ausreicht, um die Kettenreaktion auch ohne die Anfahrquelle aufrechtzuerhalten.
Wie viele Neutronen pro Sekunde erzeugt werden, wird ebenfalls über die Lage des Regelstabes geregelt. Die Kettenreaktion ändert sich mit der Bewegung des Regelstabes nicht sofort, da einige Neutronen verzögert entstehen: zur Regelung wird der Regelstab nur langsam verstellt. Zudem wird die Intensität der Kettenreaktion mit steigender Temperatur des Wassers und des Brennelements schwächer. Man kann den Prozess jederzeit unterbrechen, indem der Regelstab in das zylindrische Brennelement oder die Abschaltstäbe (nicht im Bild gezeigt) in den Moderatortank fallen gelassen werden.
Beim ersten Anfahren des FRM-II lag die thermische Leistung, welche bei den Spaltprozessen frei wird, im Bereich von kW. In den nächsten Wochen wird nun die Leistung des FRM-II unter vielen Prüfungen schrittweise bis zu seiner Nominalleistung von 20 MW erhöht.