01.05.2016
Der FRM II nutzt derzeit Brennelemente mit 93 % Anreicherung. Wie ist der Stand der Umrüstung auf ein Brennelement mit niedrigerer Anreicherung?
Bei einer niedrigeren Anreicherung muss das spaltbare Uran zugleich chemisch dichter gepackt werden, um den Nutzern weiterhin Neutronen ohne unverhältnismäßige Einbußen bereitstellen zu können. Ein solcher Brennstoff ist derzeit weltweit nicht verfügbar und muss nach seiner Entwicklung für den Einsatz am FRM II qualifiziert werden. Alleine am FRM II erforscht eine zehnköpfige Forschungsgruppe dafür mögliche Brennstoffe und Einsatzszenarien. Das geschieht unter anderem in einem europäischen Forschungsverbund der von der EU mit 6,8 Millionen Euro gefördert wird. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den USA, denn nicht nur der FRM II, sondern auch in den USA sowie in Frankreich und Belgien sollen Hochflussreaktoren umgerüstet werden.
Für das Brennelement des FRM II scheint eine Anreicherung von weniger als 40 % machbar. Der Einsatz von niedriger angereichertem Brennstoff brächte auch für den FRM II hinsichtlich der Ver- und Entsorgung einige Vereinfachungen und hätte zusätzlich für die damit verbundenen Transporte Vorteile. Schon alleine deshalb hat der FRM II selbst ein Interesse, dies aktiv voranzutreiben und die Umrüstung durchzuführen, sobald ein geeigneter und qualifizierter Brennstoff verfügbar ist.
Ab dem Jahr 2018 werden von Garching aus abgebrannte Brennelemente des FRM II in das Zwischenlager nach Ahaus transportiert. Was ist von der Idee zu halten, stattdessen in Garching ein eigenes Zwischenlager zu errichten?
Das ist eine völlig abwegige Idee, die weder sinnvoll ist noch praktisch mit vertretbarem Aufwand umgesetzt werden kann. Mit dem bestehenden Zwischenlager in Ahaus gibt es ein geeignetes Lager in dem u.a. auch schon baugleiche Behälter aus einem anderen deutschen Forschungsreaktor lagern. Das Zwischenlager Ahaus ist bereits vor der Errichtung des FRM II als Lagerort für die Brennelemente betrachtet und hierfür in der Genehmigung des FRM II benannt worden. Daher wurde hierfür bereits zu dieser Zeit eine Lagergenehmigung beantragt und das Verfahren wird durch den Betreiber des Lagers derzeit aktiv betrieben.
Die Brennelemente selbst werden nach einer längeren Abklingzeit in einem speziell dafür entwickelten und zugelassenen Transport- und Lagerbehälter sicher nach Ahaus transportiert und dort unter Einhaltung aller Sicherheits- und Sicherungsanforderungen gelagert, bis es in Deutschland ein Bundesendlager gibt.
Ein Brennelement des FRM II enthält nach seinem Einsatz für die Wissenschaft noch zu 85 % angereichertes Uran. Nun äußerte der Verein „Umweltinstitut München“ die Idee, in Garching eine Anlage zu erbauen, die die Brennelemente weiter abreichern solle, bevor sie zwischengelagert werden.
In so einer Anlage müssten die Brennelemente entweder chemisch aufgelöst oder eingeschmolzen werden, um den darin verbliebenen hochangereicherten Brennstoff irreversibel mit Uran niedriger Anreichung zu vermischen. Hierbei würden u.a. die in den Brennstoffplatten gebundenen gasförmigen und leichtflüchtigen radioaktiven Spaltprodukte mobilisiert und müssten aufwendig zurückgehalten werden. Die Technik dieser Anlage entspräche in weiten Teilen der einer Wiederaufbereitungsanlage, wie sie in den 1980er Jahren in Wackersdorf errichtet werden sollte und im französischen La Hague u.a. für Brennelemente aus Kernkraftwerken genutzt wird. Es verwundert mich, dass der Bau und Betrieb einer derartigen Anlage in Garching allen Ernstes gefordert wird.
Sofern man einen solchen Verarbeitungsschritt anstrebt, so wäre es vernünftiger und technisch machbar, die Brennelemente des FRM II z.B. in der existierenden Anlage in La Hague zu verarbeiten. Die kleine Menge hochangereicherten Kernbrennstoffs aus den Brennelementen des FRM II würde dort mit den großen Mengen niedrig angereicherten Urans aus den Kernkraftwerken vermischt, damit verdünnt und gleichzeitig einer sinnvollen Wiederverwendung zugeführt.
Jährlich nutzen rund 1000 Gastwissenschaftler aus aller Welt die Neutronen am FRM II für ihre Forschung. Sind damit Gefahren für den FRM II verbunden und gibt es dagegen Vorkehrungen?
Es ist der Zweck der Neutronenquelle ihre einzigartigen Forschungsmöglichkeiten einem breiten internationalen Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört auch, dass Gastwissenschaftler für ihre Experimente Zugang zum FRM II erhalten. Gleichzeitig sind mit dem Betrieb eines Forschungsreaktors umfangreiche Sicherungsanforderungen verbunden. Wir haben in der Anlage z.B. eine strikte räumliche Trennung zwischen betrieblichen Bereichen des Reaktors und den Räumen der wissenschaftlichen Nutzung. Ein Gastwissenschaftler hat mit seinem Zugangsausweis trotz der erforderlichen Überprüfung und Personenkontrolle keinen Zutritt zu sensiblen Bereichen. Zusätzlich werden nahezu alle Bereiche kontinuierlich durch Sicherungspersonal überwacht. Dinge, die in die Anlage mitgenommen werden, unterliegen der Kontrolle des Sicherungsdienstes und auch das betriebliche Eigenpersonal muss sich – wie übrigens ich auch – unangekündigten Personenkontrollen unterwerfen.
Wie ist der FRM II gegen Terroranschläge von außen gesichert?
Beim Thema Terroranschläge ist zunächst zu unterscheiden, ob diese mit dem Ziel erfolgen, Kernbrennstoffe d.h. Brennelemente zu entwenden oder ob durch Zerstörungen in der Anlage radioaktives Material vor Ort freigesetzt werden soll.
Der FRM II ist bzgl. der Entwendung in die höchste Sicherungskategorie nach dem deutschen Regelwerk eingestuft und entsprechend umfangreich sind die Sicherungsmaßnahmen, die eine Entwendung von Brennelementen wirksam verhindern. Außerdem wird der Bestand an Kernbrennstoffen monatlich von Inspektoren der EURATOM und der IAEA unabhängig geprüft und verifiziert.
Auch gegen Anschläge von außen, die eine Beschädigung des FRM II mit einer Freisetzung von radioaktiven Stoffen zum Ziel hätten, ist der FRM II wirksam geschützt. Schon alleine die Auslegung des Reaktorgebäudes mit seiner 1,8 Meter dicken Außenwand gegen Flugzeugabstürze bedeutet einen effektiven Schutz gegen Angriffe. Außerdem wurde schon im Genehmigungsverfahren nachgewiesen und durch die Strahlenschutzkommission bestätigt, dass selbst bei einem hypothetischen Kernschaden keine Freisetzungen außerhalb der Anlage resultieren, die z.B. Evakuierungsmaßnahmen in der Umgebung erfordern würden. Im Nachgang zu dem Unfall in Fukushima wurde zusätzlich rechnerisch nachgewiesen, dass selbst bei einem Erdbeben, das zwei Stufen über dem Bemessungserdbeben (MSK 6 ½ ) liegt, die Beckengruppe des FRM II völlig intakt bleibt und das Gebäude auch bei einem solchen – in unserer Gegend eigentlich unvorstellbaren – Erdbeben standsicher ist. Schon alleine das belegt die Robustheit des FRM II gegen Angriffe von außen.